Interview mit Sabine Ludwig

Interview

Während des Kinderliteraturfestivals 2011 interviewte Lina-Marie Ostertag die Autorin Sabine Ludwig zu ihrem neuen Roman Painting Marlene.

Blaue Seite: Gibt es einen großen Unterschied zwischen dem Schreiben von Jugendbüchern und Kinderbüchern?

Sabine Ludwig: Ja, weil ich zum ersten Mal nicht darüber nachdenken musste, kann ich das jetzt schreiben, ist das zu krass, ist das zu ironisch, geht das, geht das nicht und jetzt konnte ich mal richtig „die Sau raus lassen“ sozusagen.

BS: Und sonst übersetzen Sie ja auch sehr viel. Wie sind Sie denn zum Übersetzen gekommen?

SL: Ich hab Französisch studiert. Eigentlich hätte ich Deutsch- und Französischlehrerin werden sollen, aber ich habe zu einer Zeit mein Studium abgeschlossen, als man dachte, Lehrer braucht man nicht. Und ich weiß noch ganz genau, als mir meine damalige Lektorin ein Angebot machte, ein Buch zu übersetzen, bin ich automatisch davon ausgegangen es sei ein französisches Buch. Und dann war es ein englisches Buch und da hab ich erst gesagt, nein, das geht gar nicht, mein Schulenglisch reicht eigentlich nicht. Und sie sagte dann, lies das doch mal und dann war es von Eva Ibbotson…“Das Geheimnis von Bahnsteig 13“. Und ich hab das gelesen und fand es so klasse, also hab ich es übersetzt. Aber ich glaube, ich hab aus lauter Angst und Unsicherheit jedes zweite Wort nachgeschlagen (lacht). Und das ist jetzt ja auch schon 12 Jahre her, da gab es noch kein Google , da brauchte ich noch das Lexikon und ich bin in die Bücherei gegangen um zu recherchieren. Das war richtig, richtig viel Arbeit, aber mir macht das wahnsinnig viel Spaß, das ist so eine schöne Sache. Wenn ich ein eigenes Buch geschrieben habe, dann bin ich völlig leer im Kopf hinterher, da könnte ich mich unmöglich hinsetzen und gleich wieder ein neues schreiben. IIch bin so richtig glücklich, wenn ich dann was übersetzen kann, da muss ich nicht darüber nachdenken, wie es weitergehen könnte, was ist der Plot, was sagt der jetzt, was macht der jetzt, ich muss bloß gucken, dass es gut klingt auf Deutsch.

BS: Auch bei ihrem Kinderbuch die schrecklichsten Mütter der Welt kommt eine Mutter drin vor, die sehr eigen ist, was den Auszug ihrer Tochter angeht, würden sie persönlich genauso reagieren?

SL: Das Verrückte ist, ich hab das Buch letztes Jahr geschrieben, da war meine Tochter siebzehn. Jetzt ist sie achtzehn und hat gerade Abitur gemacht und es ist für uns beide ganz gruselig, weil man das Gefühl hat, das Buch passiert gerade irgendwie. Ich kenne mich und ich wusste, wenn sie erwachsen wird und versucht, sich zu lösen, wird das für mich ein Problem sein. Ich hoffe, ich bin nicht ganz so extrem wie die Mutter von Marlene im Buch, aber natürlich kann ich das alles sehr gut nachvollziehen. Das ist für Mütter ganz schwierig.

BS: Also haben Sie auch einiges von sich selbst in dieses Buch gesteckt?

SL: Ja, auf jeden Fall. Es spielt ja auch in Berlin und das direkt bei mir um die Ecke.

BS: Wieso haben Sie denn Berlin gewählt? Gibt es die Schauplätze des Buchs wirklich?

SL: Ich habe jetzt zum ersten Mal Berlin gewählt. Ich habe ja schon viele Kinderbücher geschrieben und von denen spielen zwei vielleicht indirekt in Berlin, weil Berlin immer irgendwie als Subtext eine Rolle spielt, aber es steht nirgendwo.. Aber dieses Buch wollte ich ganz gezielt in Berlin spielen lassen. Ganz gezielt war zum Beispiel auch der Friedhof, auf dem Marlene Dietrich wirklich liegt und es gibt auch das Haus mit der Atelierwohnung. Dieses Atelier hat meinem Vater gehört, der vor zwei Jahren gestorben ist, und der war Maler. Er hat allerdings nie ein Porträt von mir gemalt, aber diese Wohnung existiert und ist auch ziemlich detailgetreu dargestellt in dem Buch. Ich habe alles sehr realistisch dargestellt, die Straßen existieren alle wirklich, das Haus existiert, der Friedhof existiert.

BS: Auch diese Diskothek „Clairechens Ballhaus“?

SL: Clairchens Ballhaus ist eine insitution, die finde ich total faszinierend, wie ich das auch im Buch beschrieben habe. Ich bin kein Diskothekengänger, nie gewesen, auch nicht als junges Mädchen, aber da geh ich richtig gerne hin, denn da sind alte Leute, junge Leute, Touristen, Leute, die gut tanzen können, Leute, die gar nicht tanzen können, das ist eine absolut irre Atmosphäre da. Früher war es Mal ein Ballhaus, wie der Name schon sagt, auch noch zu DDR-Zeiten war es so, dass man da hinging, gediegen tanzte und Cola trank– und Rotkäppchensekt, den trinkt man heute noch da. Und nach der Wende gings eben darum, inwieweit es erhalten bleibt. Es sollte dann verkauft werden und es fand sich auch ein Investor und der hat das dann gekauft und daher gibt es das noch. Und die Atmosphäre ist schon ganz besonders. Man hat da weiß eingedeckte Tische, allerdings geflickte Tischdecken, und man hat Musik wie in einer Disko und auch mal Livemusik bis Mitternacht, aber es gibt dann auch mal Tangoabende, Salsaabende, und alle, die mal nach Berlin kommen, die sollten da hingehen.

RedakteurRedakteur: Lina
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